Tresiba kommt ab 1.3.2018 in Österreich in die „gelbe Box“, das heisst, es kann verschrieben werden, wenn die folgende Regel eingehalten wird ( offizieller Text):
„Für Patientinnen mit Diabetes mellitus, wenn mit Insulinen aus dem grünen Bereich allein bzw. in Kombination mit anderen Antidiabetika aufgrund von symptomatischen, wiederkehrenden nächtlichen Hypoglykämien eine ausreichende Therapieeinstellung nicht möglich ist. Lantus eignet sich für eine chef(kontroll)ärztliche Langzeitgenehmigung für 12 Monate (L12)“
Und das macht es auch für Typ 2 Diabetiker interessant. Aber für wen genau? Ich sehe 3 Gruppen, hier erkläre ich den vielleicht häufigsten Fall:
Tresiba als „bedtime Insulin“ zusätzlich zu Tabletten
Typische Situation: ein Typ 2 Diabetiker kommt mit Tabletten alleine nicht mehr aus. Er oder sie hat mit seinem Arzt die diversesten Kombinationen durchprobiert. Vielleicht darf er aufgrund anderer Krankheiten auch nicht jedes Medikament nehmen… egal, die Zuckerwerte steigen, der Arzt sieht keine weitere Möglichkeit mit Diät, Bewegung, Tabletten mehr, und besonders ärgert unseren Diabetiker, dass die Morgen-Blutzucker-Werte immer so hoch sind. Dabei steigen die Werte bis zum Abend eigentlich nicht mehr so stark an, das Haupt-Problem ist wirklich, dass er schon mit so hohen Zuckerwerte in den Tag startet.
Das kommt häufig vor, wenn die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug Insulin erzeugen kann.
Insulin am späteren Abend
Nun rät ihm sein Arzt zum Insulin, dazu, nur abends vor dem Schlafengehen eine kleine Menge Insulin zu spritzen, mit dem Ziel, am nächsten Morgen einen besseren Nüchtern-Blutzucker zu haben. Zusätzlich zu den Tabletten vorerst . Schweren Herzens stimmt unser Diabetiker zu, lernt das Spritzen und sieht, dass das eigentlich ganz einfach ist. Er bekommt aber nicht gleich am Anfang das Tresiba, sondern – sinnvollerweise und der Regel entsprechend – eins der „alt hergebrachten“ Insuline, wie zum Beispiel Insuman Basal oder Insulatard. Das sind „mittellang“ wirkende Insuline, mit denen es sehr oft gut gelingt, über längere Zeit gute Nüchtern-BZ-Werte zu erreichen. Wenn das klappt, fein – unser Diabetiker wird bei dieser Behandlung bleiben. Hier hab ich mehr zu dieser Art der Behandlung geschrieben.
Anfangs gings gut
Leider passiert aber manchmal das: zunächst regiert der Nüchtern-Blutzucker gut, er geht langsam runter, Patient und Arzt freuen sich. Vielleicht hat sich (als Beispiel) der Nüchtern-Blutzucker von durchschnittlich 200 – 260 auf 140 – 200 gesenkt, ein erster guter Erfolg. Aber dann geht’s irgendwie nicht recht weiter. Die Insulin-Menge reicht nicht, um den Nüchtern-Zucker weiter abzusenken, in den Zielbereich.
Über das Ziel für den Nüchtern-Blutzucker
Das Ziel für den Nüchtern-Blutzucker haben Patient und Arzt miteinander festgelegt.
Ein Zielbereich für den Nüchtern-Blutzucker könnte zB 100 – 150mg% oder 80 – 130 mg% heißen, je nachdem, wie „scharf“ die Diabetes-Einstellung sein soll. Hier gibt es kein allgemein richtiges Ziel, man muss wissen, was man erreichen möchte – es ist ein Unterschied, ob ein fast 100jähriger nur grad so gut eingestellt sein möchte, dass er die hohen Werte nicht spürt und die Sicherheit hat, auf keinen Fall Hypos, Unterzuckerungen zu bekommen – oder ob ein 45 jähriger fast die Zuckerwerte eines Gesunden anstrebt, um keine Spätschäden zu riskieren.
Wenn die „alten“ Insuline nicht ausreichen
Okay, wir gehen davon aus, das unser Diabetiker weiß, wie hoch sein Ziel-Blutzucker morgens ist. Nur leider erreicht er diese Werte einfach nicht! Sein Arzt hat mit ihm vereinbart, dass er selbständig die Insulin-Dosis abends alle paar Tage um 2 Einheiten steigern soll, bis die Nüchtern-Werte „passen“. Genau das hat er versucht, aber das ging nur anfangs gut. Er hat mehrmals die Insulin-Dosis erhöht, in der ersten Zeit haben auch die Nüchtern-Blutzucker-Werte ein bisschen „nachgegeben“, aber bei der letzten Steigerung hat sich kaum was verändert. Nun probiert er noch einmal, die Insulin-Dosis abends zu erhöhen aber da entsteht ein Problem:
Wenn unser Diabetiker seine Insulin-Dosis am Abend steigert, wird er plötzlich nachts wach und fühlt sich nicht gut und wenn er misst, sieht er zu tiefe Zuckerwerte, vielleicht so um 70mg% oder – und das ist gar nicht gut – er bekommt Unterzuckerungen, Hypos, in der Nacht, wacht schweißgebadet auf und braucht schnell Traubenzucker, oder seine Frau bemerkt es und weckt ihn rechtzeitig auf.
Das geht gar nicht! Einen erhöhten Morgen-Wert in Kauf zu nehmen, weil man mehr Insulin abends einfach nicht verträgt – das ist aber auch gar nicht gut.
Das Problem: zu starke Insulin-Wirkung nachts
-> daher nachts zu tiefe Werte -> und trotzdem zu hohe Nüchtern-Werte
Das liegt oft daran, wie Insuline wie Insulatard oder Insuman Basal genau wirken: nach der Spritze beginnen sie eher langsam den Blutzucker zu senken und wirken 4 -6 Stunden nach der Spritze am stärksten – also mitten in der Nacht – und danach wird die Wirkung wieder sanfter und läuft schließlich ganz aus. So kann es sein, dass zu tiefe Zuckerwerte in der Nacht entstehen und man trotzdem zu hohe Nüchtern-Blutzucker hat. Dass diese Insuline also in der Nacht zu stark wirken, nicht gleichmäßig genug.
Wie gesagt: das ist bei weitem nicht bei jeden Diabetiker der Fall! Viele kommen mit diesen Insulinen ganz wunderbar zurecht, ohne Hypos, mit richtig guten Werten morgens! Aber bei wem es nicht funktioniert, der hat weitere Möglichkeiten:
Die Lösung: ein neueres, länger wirksames Insulin
Davon gibt es jetzt 3: Levemir, Lantus, und neu: Tresiba.
Alle 3 wirken deutlich gleichmäßiger, ohne diesen Wirk-Gipfel nach ein paar Stunden. Und jetzt kommts drauf an, was genau man erreichen möchte:
Levemir und Lantus: wirken länger und gleichmäßiger als die „alten Insuline“ Insulatard und Insuman Basal, nämlich „bis zu“ 24 Stunden, Lantus etwas länger als Levemir
Tresiba hat „offiziell“ eine Wirkdauer von 42 Stunden – also fast 2 Tage! Wenn mans einmal am Tag spritzt, hat man nach 2 -3 Tagen eine völlig gleichmäßige Wirkung rund um die Uhr. Weil sich die einzelnen Mengen überlappen und das zu einem stabilen Gleichgewicht führt.
Welches der 3 länger wirkenden Insuline?
Tja das ist die Frage – und sollte im Einzelfall mit dem Arzt, der Ärztin besprochen werden. „Vong Verschreiben her“ sind die 3 jetzt gleich. Manchmal lohnt es sich auch, auszuprobieren.
Beim Umstellen beachten
Wär eine gute Idee, die Dosis um 10 – 15% zu reduzieren, (fast) immer beim Umstellen klug. Eine Einheit ist eine Einheit – bei jedem Insulin. Chemisch gesehen. Trotzdem haben manche Diabetiker das Gefühl, dass das eine oder das andere „ein bisschen anders“ wirkt. Also: sicher ist sicher…
Und Achtung: ab jetzt wirkt Insulin den ganzen Tag lang, auch am Nachmittag und Abend! Und Insulin senkt den Zucker, dazu ist es ja da. Besonders, wenn man Tabletten aus der Familie der Sulfonylharnstoffe nimmt (Diamicron, Amaryl, Gliclazid, Glimeperid,… ): aufpassen! da könnte es Hypos (Unterzuckerungen) geben – unbedingt vorab mit dem Arzt klären, ob diese Tabletten nicht reduziert ( weggelassen?) werden können?
Meist ist es aber sehr angenehm, auch untertags eine gleichmäßige Insulin-Wirkung zu haben. Dafür gibt’s jetzt mit dem Tresiba eine neue Option.
Wofür man Tresiba noch verwenden kann
Nun, es kann als schönes stabiles Basis-Insulin dienen, für Typ 2 Diabetiker, die schnelles Insulin zu den Mahlzeiten und unabhängig davon ein langwirksames Insulin als „Basis“ spritzen. Das ist ganz ähnlich, wie ich es hier für die Typ 1 Diabetiker beschrieben habe.
Eine ganz andere Situation: in der Hauskrankenpflege. Stellen wir uns vor, ein älterer Mensch wird zuhause betreut, er oder sie kann nicht selbst Insulin spritzen braucht es aber – aber die Einsätze der Diplom-Krankenschwester kosten recht viel – da kommt man manchmal damit aus, Tresiba gar nicht täglich zu spritzen. Wie das gehen kann, dazu gibt’s bald einen neuen Artikel!
Haben Sie Fragen zum Tresiba?
Oder schon Erfahrungen damit? Bitte hier gleich unten in die Kommentare schreiben!
Sehr geehrte Frau Dr. Pusarnig!
Ich nehme jetzt Lantus Morgens 18 Einheiten und Abends 20 Einheiten. Welche Menge Tresiba muss ich dann alle 48 Stunden spritzen.
Vielen Dank im Voraus
Johann Prokop.
Sehr geehrter Herr Ing. Prokop
ich kann – und darf!!! – hier im Internet keine Anleitungen zu Medikamenten-Dosierungen geben.
Aber prinzipiell wird Tresiba bei intensivierter Insulintherapie („FIT“ wie bei Ihnen) alle 24 Stunden gespritzt, nicht alle 48 Stunden. Der Vorteil ist, dass damit eine sehr stabile Basal-Insulin-Versorgung erreicht wird.
Wenn Sie unter Lantus Hypos in der Nacht bekommen, könnten Sie das Tresiba versuchen. Aber dazu müsste ich mir Ihr Zucker-Protokoll ansehen, komplett mit Zuckerwerten, BE, Insulin-Mengen.
Liebe Grüße ! Susanne Pusarnig
Sehr geehrte Frau Dr. Pusarnig!
Wenn man ein 42 Stunden wirksames Insulin täglich zur selben Zeit spritzt, überlappen sich immer z w e i Insulingaben – bis auf 6 Stunden täglich, wo nur e i n e Insulingabe wirkt.
Ist das kein Problem?
Mit freundlichen Grüßen
Viktor Kosnar
Danke, das ist einegute Frage! Ich hab einen kleinen Beitrag draus gemacht: https://www.zuckertante.at/frage-zu-tresiba/