Keine Medikamente - trotzdem Blutzucker testen? - Zuckertante.at
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Diabetes, keine Medikamente – MUSS ich Blutzucker messen?

Sie haben Typ 2 Diabetes, nehmen aber noch keine Medikamente gegen Diabetes und jetzt fragen Sie sich: „Muss ich mich wirklich in den Finger stechen und Zucker messen? Muss das sein? Tut doch weh!“

Müssen tun Sie gar nichts!
Natürlich können Sie auch und alle 3 Monate den Langzeitwert, das HbA1c, bestimmen lassen und dann sehen Sie schon wo Sie stehen.

Kann man machen und für manche Menschen mit großer Angst vor Nadeln ist das manchmal zumindestens anfangs eine richtig gute Möglichkeit.

Die meisten anderen aber sind doch auch neugierig:
„Was macht denn mein Zucker, wenn ich XY esse?  
Stimmt es, was die Ärzte mir erzählen, was ich essen soll, was ich eher nicht essen soll ?“

Ich erlebe in meiner Praxis eher, dass Menschen sehr oft den Blutzucker messen, aber aus ihrem Werten nicht recht schlau werden.

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1.  „Nüchternzucker“

Was nicht sinnvoll ist:
 jeden Tag routinemäßig morgens den Blutzucker zubestimmen.
Denn was sagt Ihnen der Nüchternzucker?  

Er zeigt Ihnen : auf welchen Wert kann Ihre Bauchspeicheldrüse in den Nachtstunden in aller Ruhe Ihren Blutzucker absenken, auf Normalwerte oder auf Werte, die deutlich darüber liegen?
Ja, das ist interessant. A
ber wenn Sie sich täglich den Nüchternzucker bestimmen, werden Sie sehen, dass es keine allzu großen Schwankungen gibt. Kleine Schwankungen von Tag zu Tag sind nicht sehr aussagekräftig.

Einerseits messen unsere kleinen Zuckermessgeräte gar nicht so ganz punktgenau, und andererseits:
Wie haben Sie geschlafen,
gab es Stress in der  Nacht, zum Beispiel ein böser Streit o<
der besonders viel Sport im Bett?
Gab es am Abend davor ein sehr ausführliches Abendessen und und und…  

Aber im Großen und Ganzen sind Nüchternwerte recht stabil .

Um in etwa abzuschätzen, wie gut Ihre Bauchspeicheldrüse den Blutzucker über Nacht absenken kann mit dem Insulin, das die Drüse noch produziert, reicht es 2 oder 3 Mal pro Woche den Nüchternzucker zu bestimmen.

Wenn Sie eine Tendenz sehen, dass die Werte immer weiter ansteigen, ist es Zeit mit Ihrer Ärztin oder mit Ihrem Arzt zu reden, sich einen Langzeitwert anzuschauen, sich zu überlegen: Wie kann es denn gut weitergehen?

Diagnose noch neu

Oder vielleicht haben Sie gerade die Diagnose frisch bekommen, sind hochmotiviert und vielleicht hatten Sie  sehr hohe Zuckerwerte am Anfang 200 - 300 - 400 .

Sie erleben jetzt, wenn Sie Ihre Nüchtern-Zuckerwerte messen, wie die zuerst schneller und dann immer langsamer aber doch immer weiter sich absenken fast bis auf Normalwerte. Dann ist es natürlich die pure Freude und wenn Sie Freude dran haben und Spaß ,dann messen Sie gerne so häufig, wie Sie möchten!

2. Habe ich eine Hypo?“

Schwächegefühl, leichte Übelkeit, Schwindel, Zittern, Schwitzen…  
da ist oft die Frage: Kann ich eine Hypo, eine Unterzuckerung, haben?“

Das ist  bei den meisten Medikamenten gegen Diabetes eher unwahrscheinlich (Ausnahme: Sulfonylharnstoffe, wie zB Diamicron, Gliclazid, Amaryl, Glimepirid, Gliquidon)
Aber es kann auch sein, dass Sie schon bei Werten im Normalbereich Anzeichen für Unterzuckerung spüren – mehr dazu hier „Hypos wo keine sein sollten

3. „Ich fühle mich nicht gut“

Wenn Sie sich nicht gut fühlen:
Blutzucker messen! Und den Blutdruck!
Fast alle Menschen mit Typ 2 Diabetes haben auch ein Blutdruckmessgerät zu Hause.

Wenn irgend etwas nicht gut ist, schauen Sie sich Blutdruck und Blutzucker an. Damit können Sie Ihrem Arzt weiterhelfen, wenn Sie das später mal mit ihm besprechen. Immer aufschreiben!
Datum – Uhrzeit - was haben Sie gespürt - wie war der Blutdruck - wie war der Zucker.
Dann sieht man schon, ob einer von beiden dran schuld war, wie Sie sich gefühlt haben.

4. Testen – aus Interesse, mit Spaß an der Sache

Testen Sie, werden Sie neugierig auf sich und Ihren Körper!
Schauen Sie, was dieser wunderbare Körper, die Drüse, für Sie noch leisten kann.

Die "Ausrutscher"

Damit meine ich zum Beispiel Mahlzeiten, bei denen Sie so der Verdacht beschleicht, dass die vielleicht nicht so ganz diabetesgerecht waren.
Viele Leute stecken dann den Kopf in den Sand :„Nur ja nicht nachschauen, weil dann ist das ein hoher Wert !“

Das ist doch Blödsinn.
Manchmal macht man sich ganz umsonst Sorgen und oft sind die Werte nach so einem „Ausrutscher“ gar nicht so schlecht wie Sie sich das erwarten.

Wenn es schon passiert ist:
hoffentlich haben Sie dasjenige von dem Sie denken, dass es nicht der Diabetesdiät gerecht ist, mit Freude gegessen, mit Appetit gegessen, und hoffentlich konnten Sie so richtig genießen! Wenn schon, denn schon!

Seien Sie mutig: schauen Sie 2 Stunden nach dem Essen, 4 Stunden nach dem Essen sich Ihren Blutzucker an,  und wenn er nach 4 Stunden noch immer in lichten Höhen ist vielleicht auch noch 2 Stunden später und auch das aufschreiben !

Datum – Uhrzeit -  Pizza mit Tiramisu zum Beispiel -  was auch immer - der Zucker nach 2 Stunden war… Zucker nach 4 Stunden…

Wenn Sie diese Aufzeichnungen haben und Ihre Diabeteseinstellung ist in ferner Zukunft einmal ganz anders, viel besser hoffentlich, dann wird möglicherweise sowas Ähnliches wieder passieren!
Ja, Sie haben sich wahrscheinlich vorgenommen: „ Das mache ich nie wieder!“, aber wir Menschen sind Menschen und als solche fehlbar.

Vielleicht passiert „es“ wieder und es kann sehr interessant sein einige Zeit später zu schauen, was ein ähnlicher Ausrutscher bewirkt.

Wenn dann zum Beispiel die Zuckereinstellung generell viel besser geworden ist , dann wird Ihre Drüse natürlich auch mit so etwas deutlich besser fertig und das ist schön zu sehen !

Geplante Tests - Lieblingsessen

Sie planen konkret Dinge, die Sie testen möchten.

Es gibt doch sicher etwas, das Sie gerne essen würden, von dem Sie aber denken, dass es ganz und gar nicht Diabetes-gerecht ist. Ein spezielles Obst oder etwas Süßes, eine Mehlspeise ,…
 Zum Beispiel etwas, das es bei Ihrem Bäcker gibt und das Sie sich vor der Diabetesdiagnose so gern gekauft haben und was Sie sich seither versagen.

Holen Sie sich dieses Teilchen und dann probieren Sie es aus!
Wenn Sie ein auf gut sich selbst achtender Diabetiker sind, vielleicht nur mit einem halben Stück.

Man nimmt dieses Lieblingsteilchen oder das halbe Lieblingsteilchen her und verspeist es mit Genuss, aber vorher wird der Blutzucker gemessen!
Und dann essen Sie das Ding, und dann spüren Sie dem nach und dann schmecken Sie wie genial das schmeckt und genießen Sie es so richtig!

Wenn Sie einige Zeit deutlich gesünder und mehr Gemüse usw. gegessen haben, kann es sein, dass Ihnen dieses Lieblingsteilchen auf einmal viel zu süß und irgendwie gar nicht mehr so gut vorkommt!

Wenn dem so ist, wenn Sie beim zweiten Bissen merken: „Das ist doch viel zu süß, wie konnte ich so etwas so oft essen“, dann legen Sie es gleich weg!
Wunderbar, es schmeckt ihnen nicht mehr!
Etwas Besseres kann ja gar nicht passieren !
Wenn es Ihnen aber schmeckt, dann essen Sie es, genießen Sie es und auch dann: nicht Augen zumachen, sondern nach 2 Stunden den Blutzucker anschauen, nach 4 Stunden.

Was passiert?
Geht der Zucker nach 2 Stunden über 180mg% (10 mmol/l)?
Idealerweise nicht und bei ganz perfekter Diabeteseinstellung steigt er nicht einmal über 160 (9 mmol/l).
Vielleicht haben sie Glück und Ihre Bauchspeicheldrüse kommt mit dem Teilchen wunderbar zurecht und die Werte nach dem Essen werden gar nicht so hoch.
Dann können Sie sich das Teilchen ja hin und wieder gönnen, gnanz ohne schlechtes Gewissen!

Wenn es aber anders ist, wenn die Werte sehr hoch sind:  einmal ist das nicht so schlimm.
Ja, hohe Werte, auch kurze hohe Werte schädigen die Blutgefäße!
Ich empfehle Ihnen hier sicher nicht so etwas jeden Tag zu machen!

Mit dieser Information können Sie für sich selber entscheiden:
„Ist es mir das wert, ja oder nein?“

Und wenns halt gar so gut ist aber die Werte gar nicht gut waren nachher, dann gehen Sie in weitere Tests.

Vielleicht kann man die Portion ein bisschen verkleinern
oder probieren Sie einmal aus was passiert wenn Sie sich 30,45 Minuten davor bewegt haben - als Sportlicher Ihren Lieblingssport gemacht haben , als Unsportlicher 30, 45 Minuten gegangen sind. 

Sie kommen nach Hause, machen sich einen Kaffee oder Tee und essen dieses Stückchen dazu und messen Sie einmal dann, was passiert dann mit den Zuckerwerten, schauen sie dann anders aus?

Oder Sie messen Ihren Blutzucker, essen das Teilchen und gehen anschließend 30,45 Minuten flott spazieren, oder machen Ihren Lieblingssport, schauen sich an was passiert dann mit den Zuckerwerten?

Aufschreiben!

Für alle diese Tests empfehle ich Ihnen dringend sich ein hübsches kleines Büchlein zuzulegen um diese Experimente aufzuschreiben und auch nach einiger Zeit zu wiederholen.

Das gilt besonders für die unter Ihnen, die noch keine gute Zuckereinstellung haben, die vielleicht deshalb hier lesen, weil alles noch neu ist und weil Sie Angst haben und hohe Werte haben und der Langzeitwert vielleicht viel zu hoch ist.

Wenn Sie hier sind, dann arbeiten Sie ja bereits an Ihrem Diabetes, dann interessieren Sie sich dafür, also so tun Sie schon viel viel mehr als die große Mehrheit der Menschen mit Typ 2 Diabetes!

Dann dürfen Sie wirklich darauf hoffen, dass Ihre Einstellung besser wird mit der Zeit.

Dann können Sie solche Experimente wiederholen und danach vergleichen: wie ist es jetzt, wie hat der Zucker bei höheren Ausgangswerten reagiert, wie ist es jetzt wo ich wochenlang recht gute Werte hab, wie war es damals als meine Werte noch höher waren ?

Solche Tests machen als passiven Patienten – „Leidenden“ - aktiv Handelnde.
Solche Tests helfen Ihnen dazu, dass Sie das Steuer in die Hand nehmen und dass Sie Ihre Zuckerwerte in den Griff bekommen Solche Tests helfen Ihnen,  sich immer wieder zu entscheiden: wo geht es hin, wie verhalte ich mich?

5. Sondersituationen

n Ihrem Leben ändert sich etwas drastisch.

Einfachstes Beispiel: Sie werden krank, Sie haben Fieber, Sie haben einen Infekt.
Bitte dann nicht aufhören, Zucker zu messen, sondern eher etwas häufiger messen! Täglich nüchtern, vielleicht auch einmal vor Mittagessen vorm Abendessen nachsehen, einfach um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie der Zucker in dieser Krankheit reagiert und damit Sie rechtzeitig Ihren Arzt informieren können, falls die Werte sehr hoch ansteigen.

Aber auch wenn in Ihrem Leben eine ganz große Belastung dazu kommt, wenn plötzlich Stress ausbricht… ja ich weiß, dann sind Sie am Anfang damit beschäftigt, diesen Stress irgendwie abzufangen, die Situation in den Griff zu kriegen. Aber danach in einer belasteten Zeit den Zucker nicht aus den Augen zu verlieren, das ist nicht einfach, aber es wäre schön, wenn es Ihnen gelingt.

6. Gewichts-Veränderungen

Wenn Sie ein paar Kilo zu- oder abnehmen, dann änderst sich der Insulinbedarf und dann ändern sich natürlich auch die Zuckerwerte.

Auch dann nicht einfach alles ignorieren, sondern hinschauen, testen und sich über gute Werte freuen und bei schlechteren Werten sich überlegen: „Was kann denn ich machen , damit es besser wird?“

Wenn Ihnen da so gar nichts einfällt, dann wenden Sie sich an Ihre  Ärztin oder Ihren Arzt, denn es kann ja auch sein, dass die Krankheit Diabetes ein Stückchen schlechter geworden ist.
Dass Sie eine andere Therapie, vielleicht doch Medikamente brauchen.

Das ist dann kein Versagen und auch nicht Ihre Schuld, sondern für viele Menschen leider der normale Verlauf einer Diabetes Erkrankung die nicht bei allen aber oft einfach langsam und unaufhaltsam schlechter wird.

Vielleicht ist es bei Ihnen anders, vielleicht schaffen Sie mit Ihren Lifestyle Maßnahmen, mit gesunden Essen, Stressreduktion, Bewegung die Werte zu verbessern, auch dauerhaft zu verbessern und das wünsche ich Ihnen aus ganzem Herzen .

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die Zuckertante Dr. Pusarnig

Die Zuckertante grüßt
und wünscht allzeit gute Werte!


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