Ein Artikel aus dem New England Journal of Medicine
(N ENGL J MED 375;20)
Eine riesige Studie! Junge Forscher haben von 1998 bis 2004 Haushalte in 2 Bezirken von Mexiko City besucht. Sie haben an jede Türe geklopft und die Leute gebeten, an der Studie teilzunehmen. Sie haben sie gefragt, welche Krankheiten sie schon hatten, ob und welche Medikamente sie nehmen und vor allem, ob sie Diabetes haben. Dann noch ob sie rauchen und wie viel Geld im Haushalt verdient wird.
146 000 Leute haben mitgemacht!
Allen wurde Blut abgenommen und das HBA1c bestimmt. Damit konnte man feststellen, wer schon Diabetes hatte: bei den 35- 39 –Jährigen waren es 3%, bei den über 60-Jährigen aber 20%! Über 90% davon hatten Typ 2 Diabetes. Das Gewicht war bei Menschen mit und ohne Diabetes im Durchschnitt gleich.
(viel) zu hohe HbA1c
Die Diabetiker hatte im Mittel ein HbA1c von 9 %, mehr als ein Drittel von ihnen über 10%! 80% der Diabetiker bekamen Medikamente, 2/3 von ihnen Sulfonylharnstoffe, ca. 20% Metformin. Die anderen, neueren Medikamente kamen so gut wie nicht vor, nur ca. 1% der Diabetiker bekam eines davon. In Mexiko City gab es zu Beginn der Studie keine staatliche Krankenversicherung.
Mehr Diabetiker als in USA und England
Interessant auch: In der Gruppe der Menschen, die zwischen 60 und 74 Jahre alt waren, waren in MexikoCity fast ein Viertel Diabetiker – in England sind es 7%, in den USA 15%. Das zeigt wieder einmal, dass die Häufigkeit von Typ 2 Diabetes auch stark vom sozialen Status abhängt, einfach gesagt:
ärmere Menschen bekommen häufiger Diabetes.
Und nun wurde bis 2014 geschaut, wer aus dieser riesigen Menschenmenge gestorben ist – und woran. Das geht in Mexiko City ganz gut, weil es dort ein verlässliches Register aller Todesfälle gibt.
Das Ergebnis:
Für Teilnehmer an dieser Studie, Bewohner von Mexiko City im Alter von 35 bis 74 Jahren: In der Gruppe der Diabetiker gab es viermal häufiger Todesfälle als in der Gruppe der Menschen ohne Diabetes!
In entwickelten Ländern sind Todesfälle bei Diabetikern knapp doppelt so häufig wie bei Nicht-Diabetikern.
Warum so viele starben
Ein Grund dafür, dass in dieser Studie so viele Diabetiker starben, ist, dass in Mexiko sehr viele Menschen Übergewicht haben, aber ganz sicher ist vor allem die schlechte medizinische Versorgung der Leute daran schuld– obwohl sich die im Verlauf der Studie inzwischen deutlich verbesserte.
Notfall – keine Chance!
Noch ein interessantes Detail: 8% aller Todesfälle der Diabetiker passierte in einer diabetischen Notfall-Situation. In den USA passiert das nur in 1%. Auch bei uns gehen – gotseidank – fast alle Diabetes-Notfälle gut aus. Unser Notarzt- und Rettungs-System und die Behandlung in den Krankenhäusern funktioniert.
Herzinfarkte, Nierenversagen
Häufige Gründe, weswegen Diabetiker verstarben, waren Erkrankungen der Nieren und des Herz-Kreislauf-Systems.
Es hat noch nie eine so große Studie gegeben, die zeigt, wie wichtig gute medizinische Versorgung besonders für Diabetiker ist!
Manchmal denk ich mir, wir jammern auf sehr hohem Niveau hier in Österreich. Wir haben ganz bestimmt eins der besten Gesundheitssysteme der Welt – trotz aller akuten Probleme: Diabetiker bekommen moderne Medikamente, Labor-Untersuchungen, Kontrollen bei Fachärzten. Die Zahlen aus Mexiko zeigen uns, wie wichtig das ist – in mir löst das sehr viel Dankbarkeit aus, hier in Österreich leben zu dürfen.